Mir liegt eine Abmahnung des Verbandes zum Schutz geistigen Eigentums im Internet (VSGE) vertreten durch die Kanzlei Schroeder vor. Der VSGE hat sich dessen Ausführungen zu Folge von dem Fotografen Dennis Skley Rechte zur Geltendmachung von urheberrechtlichen Schadens-, Auskunfts- und Unterlassungsansprüchen abtreten lassen.
Meine Mandantschaft nutzte zwei Lichtbilder des Fotografen. Die Nutzung dieser Lichtbilder fiel jeweils unter die Creative Commons Lizenz „Namensnennung – Keine Bearbeitung 2.0 Generic (CC BY-ND 2.0)„. Insofern fügte meine Mandantschaft unter jedes Bild „Dennis Skley, flickr.com“ bei, ohne irgendeine Verlinkung vorzunehmen.
Was mahnt der VSGE ab?
Die vom Kollegen Lutz Schroeder verfasste Abmahnung rügt meine Mandantschaft wie folgt:
„Die Lizenzbedingungen erlauben die Verwendung des jeweiligen Bildes nur unter der Voraussetzung, dass der Urheber des Fotos so angegeben wird, wie er sich auf der Plattform Flickr.com benennt (hier „Dennis Skley“) samt eines Links auf dessen Flickr-Seite. (…) Zusätzlich muss ein Link zur Lizenz angegeben werden, damit andere Nutzer sich ebenfalls informieren können, unter welchen Bedingungen das Bild genutzt werden kann. (…) Einen Link enthalten Ihre Angaben überhaupt nicht. Diese Angaben sind für den Fotografen völlig nutzlos und sie entsprechen überhaupt nicht den Lizenzbedingungen. So haben Sie auch keine Lizenz für die Nutzung der Bilder erworben. (…)“
Des Weiteren wird dem Abmahnschreiben eine vorgefertigte Unterlassungserklärung beigefügt.
Ich halte die ausgesprochene Abmahnung per se für unberechtigt. Obendrein birgt das Schreiben zahlreiche Unstimmigkeiten, die nicht auf eine exakte juristische Arbeit schließen lassen.
Warum könnte die Abmahnung unberechtigt sein?
Der mir vorliegende Fall ist etwas pikant. Denn meine Mandantschaft hat ja eine Urheberbenennung gerade vorgenommen. Dass diese „völligt nutzlos“ für den Fotografen sein soll, halte ich bereits für übertrieben. Unter genauerer Betrachtung der oben genannten Lizenzbedingungen ist m.E. aber nicht zu erkennen, dass eine Verlinkung zur flickr-Seite des Fotografen vorzunehmen war. Vielmehr sehe ich es so, dass gar keine Verlinkung zum Fotografen oder zu seinen Lichtbildern zu erfolgen hatte. Ziff. 4.b. der genannten Lizenzbedingungen lautet u.a.:
„(…) Wenn Sie den Schutzgegenstand (…) öffentlich wiedergeben, müssen Sie alle Urhebervermerke für den Schutzgegenstand unverändert lassen und die Urheberschaft (…) in einer der von Ihnen vorgenommenen Nutzung angemessenen Form anerkennen, indem Sie den Namen(…) des Urhebers (…) nennen, wenn dieser angegeben ist. Dies gilt auch für den Titel des Schutzgegenstandes, wenn dieser angeben ist, (…) für die mit dem Schutzgegenstand zu verbindende Internetadresse in Form des Uniform-Resource-Identifier (URI), wie sie der Lizenzgeber angegeben hat, sofern dies geschehen ist, es sei denn, diese Internetadresse verweist nicht auf den Urhebervermerk oder die Lizenzinformationen zu dem Schutzgegenstand.(…)“
Aus den Lizenzbedingungen ist nicht ersichtlich, dass auf das flickr-Profil des Fotografen verwiesen werden muss. Dazu gibt es schlichtweg keine Angaben. Ziff. 4.b. fordert die Linkangabe nicht hinsichtlich der Seite des Urhebers, sondern des Schutzgegenstands (Foto); dies aber auch nur, „wie sie der Lizenzgeber angegeben hat, sofern dies geschehen ist“. Auf flickr hat Dennis Skley bzgl. der gegenständlichen Lichtbilder bis jetzt aber gar keine URL’s angegeben, die als Link gesetzt werden sollen, erst Recht gibt es bis heute keine Mitteilung, dass eine Verlinkung zu dessen flickr-Seite vorzunehmen sei.
Es besteht also kein Anspruch darauf, dass diese Verlinkung vorzunehmen war, insoweit gibt es auch keinen entsprechenden Unterlassungsanspruch mit der Folge, dass die Abmahnung zumindest in diesem Rahmen unberechtigt ist.
Weitere Schwächen der Abmahnung
Ohne ins Detail gehen zu wollen, birgt diese Abmahnung auch weitere, formale Schwächen. M.E. geht die vorgefertigte Unterlassungserklärung über das abgemahnte Verhalten hinaus. Eine entsprechende Mitteilung nach § 97a Abs. 2 Nr. 4 UrhG erfolgte nicht. Insofern wäre auch die Abmahnung nach § 97a UrhG unwirksam.
Weiter ist erwähnenswert, dass u.U. der VSGE gar nicht berechtigt ist, Unterlassungsansprüche geltend zu machen. Die Kanzlei Schröder fügt der Abmahnung zwar eine Kopie einer Abtretungsvereinbarung bei. Diese ist jedoch nicht eindeutig: Zwar steht in der Präambel, dass dem VSGE etwaige Schadensersatzansprüche abgetreten werden sollen und er weiterhin befugt sein soll, Unterlassungsansprüche und andere Urheberpersönlichkeitsrechte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchzusetzen. In der konkreten Regelung hat der Fotograf Dennis Skley aber nur Schadensersatz- und Auskunftsansprüche abgetreten, von Unterlassungsansprüchen ist keine Rede. Die Aktivlegitimation des VSGE erscheint damit sehr fraglich.
Darüber hinaus scheint der Kollege Schroeder bzgl. der Erstattungsansprüche bei urheberrechtlichen Abmahnungen in Bezug auf gewerblich genutzte Lichtbilder nicht auf dem aktuellen Stand der Rechtsprechung zu sein. Er berechnet den Gegenstandswert der Abmahnung bei zwei (vermeintlich) rechtswidrig genutzten Lichtbildern auf 6.000 EUR, wobei in der Rechtsprechung dieser Wert pro Lichtbild herangezogen wird, aber gut…
Die mir vorliegende Abmahnung verlangt Rechtsanwaltskosten erstattet, die sich aus einen Gegenstandswert von 7.658,50 EUR ergeben. Warum dieser schräge Wert? Der Verband zum Schutz geistigen Eigentums im Internet möchte auch für das erstmalige Einfordern des (m.E. überzogenen) Schadensersatzes, den er mit 1.658,50 EUR beziffert, Rechtsanwaltskosten erstattet haben. Aus welchem Rechtsgrund er diesen Anspruch geltend macht, bleibt fraglich. Meine Mandantschaft befindet sich nicht in Verzug, da der Schadensersatz erstmalig gefordert wurde. Aus den Verzugsregeln ergibt sich daher schon mal kein Anspruch. Es gibt auch keine Regel im Urheberrecht, die Erstattungsansprüche bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen begründen würde. Kurzum: Es gibt keinen Anspruch hierauf! Meiner Ansicht würde auch eine Argumentation zur Erforderlichkeit nichts bringen.
Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen – Die Höhe macht’s
Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist schon dem Grunde nach unbegründet. Nur kurz will ich daher auf die geforderte Höhe eingehen: Der VSGE bezieht sich auf die sog. MFM-Empfehlungen, setzt einfach eine Nutzungsdauer fest (an der Dauer orientiert sich die Höhe der Lizenz nach MFM) und verlangt einen maßlos überzogenen Betrag. Die Rechtsprechung hat in jüngeren Entscheidungen der Anwendung der MFM-Empfehlungen in solch gelagerten Fällen bereits Einhalt geboten. Da der Urheber die Bilder hier im Wege eines unentgeltlichen Lizenzierungsmodells zur Verfügung stellt, ist auf die MFM-Empfehlungen nicht zurückzugreifen, wie ein hochaktueller Hinweisbeschluss des Kammergerichts Berlin vom 26.10.2015 (Az.: 24 U 111/15 (Dank an den Kollegen Plutte für das Veröffentlichen des Beschlusses)) belegt. Gleichermaßen beurteilte das Landgericht München I die Situation in einem Urteil vom 17.12.2014 (Az.: 37 O 8778/14), in dem der Kläger, ein Werbetexter und Fotograf, ebenfalls aufgrund einer Creative Commons-Lizenz gegen die seiner Ansicht nach nicht ausreichende Urhebernennung bei Verwendung seines Bildes vorging. Die Gerichte sahen die Ansprüche in der Höhe allenfalls bei wenigen hundert EUR begründet, die Vorstellungen des VSGE sind nach meiner Auffassung absurd.
Ich habe eine Abmahnung vom VSGE erhalten – was soll ich tun?
Jeder Fall ist einzeln zu bewerten. Der mir vorliegende Fall ist natürlich nicht auf jede andere Abmahnung übertragbar, das wäre fahrlässig. Allerdings erhöht das mir vorliegende Schreiben der Kanzlei Schroeder die Vermutung, dass auch andere Abmahnungen entsprechende Schwächen vorweisen. Daher sollte man stets ruhig bleiben, keinesfalls die Abmahnung unbeachtet lassen, die Fristen einhalten und rechtlichen Rat suchen. Keinesfalls sollte eine vorgefertigte Unterlassungserklärung unterzeichnet und der geforderte Schadensersatz ohne Überprüfung gezahlt werden. Sollte sich eine urheberrechtliche Abmahnung als unberechtigt und/oder unwirksam herausstellen, so hat der Abgemahnte obendrein einen Anspruch auf Erstattung seiner eigenen Rechtsanwaltskosten gegenüber dem Abmahner.
Naja, zumindest der Lizenztext muss in der Tat verlinkt werden:
„Sie dürfen den Schutzgegenstand ausschließlich unter den Bedingungen dieser Lizenz vervielfältigen, verbreiten oder öffentlich wiedergeben, und Sie müssen stets eine Kopie oder die vollständige Internetadresse in Form des Uniform-Resource-Identifier (URI) dieser Lizenz beifügen, wenn Sie den Schutzgegenstandvervielfältigen, verbreiten oder öffentlich wiedergeben.“
(Ziff. 4 lit. a des Lizenztextes).
Ich verstehe den Sachverhalt so, dass der Link nicht gesetzt war und auch sonst der Lizenztext nicht mitgeliefert wurde. Damit wurde die Lizenz nicht erworben (Ziff. 7 lit. a Satz 1 des Lizenztextes).
Es ist ein weit verbreitetes Missverständnis, dass bei CC-Lizenzen die reine Namensnennung genügt. Die Lizenz muss auch stets angegeben und verlinkt werden. Der Sinn dahinter ist, dass für den Betrachter klar wird, dass auch er befugt ist, unter den Voraussetzungen der Lizenz das Werk nachzunutzen.
Genau: Der Lizenztext sollte genannt und verlinkt werden. Dies ist in vielen Fällen zu rügen.
Aber: Die Abmahnung bleibt m.E. weiterhin aus den genannten Gründen unberechtigt.Denn eine unberechtigte Nutzung erfolgte eben nicht auf Grund einer unterlassenen Verlinkung auf die Seite des Urhebers.
Und selbst wenn sich eine Abmahnung allein auf eine unberechtigte Nutzung wegen fehlender Verlinkung auf den Lizenztext stützt, ist wohl ein Unterlassungsanspruch begründet. Ob allerdings auch ein urheberrechtlicher Schadensersatzanspruch in geforderter Höhe besteht, ist stark zu bezweifeln. Das LG und das KG Berlin sind da in jüngster Zeit in vergleichbaren Fällen äußerst zurückhaltend.
Keine Ahnung, was mit diesem Dennis Skley los ist, aber das ist richtig übel, was der Mann bietet. Eine arme Sau scheint das zu sein.